Reiseberichte Mexiko



Baja California Norte

03. – 09.11.2012

Die zweitgrößte Halbinsel der Welt, Militärkontrollen, wirklich riesige Kakteen und witzige, umgedrehte Karottenbäume.

Auf dem Campingplatz in Potrero, kurz vor der mexikanischen Grenze, lernen wir Lisa und Dan kennen. Die beiden Kanadier veranstalten bereits seit Jahren oder Jahrzenten geführte Wohnmobiltouren auf die Baja California und versammeln sich hier gerade mit ihrer nächsten Reisegruppe. Das heißt die beiden haben schon mehr als einmal die Grenzprozedur hinter sich gebracht und haben einige Tipps für uns.

 

Und so machen wir uns schon einen Tag vor unserer eigentlichen Ausreise aus den USA auf den Weg nach Tecate, einem kleinen beschaulichen Grenzort (wir wollten uns nicht den Trubel einer Großstadt wie Tijuana antun). Kurz vor der Grenze gibt es diverse Parkplätze, wo wir unseren Toyo für $5 abstellen und zu Fuß nach Mexiko laufen. Eine Ausreise aus den USA gibt es nicht und so gehen wir durch ein Drehkreuz und stehen direkt auf mexikanischem Boden. Das Büro für die Einreise in winzig und als wir vor dem Grenzbeamten stehen wissen wir nicht was wir sagen wollen. Wie war das noch mal mit dem Spanisch? Aber wir bekommen noch eine Schonfrist, denn der Beamte spricht uns schließlich auf Englisch an. Wir füllen unsere Touristenkarte aus, bekommen einen Zettel in die Hand gedrückt, mit dem wir zum Bankschalter direkt nebenan gehen. Dort bezahlen wir unsere $25 pro Nase Einreisgebühr (wegen der Gefahr von Korruption darf man das nicht mehr beim Beamten machen). Mit der Quittung geht es wieder zurück und wir bekommen unsere 180 Tage Aufenthaltserlaubnis in den Pass gestempelt. So einfach ist das. Unser Toyo muss mit seiner offiziellen Einreise aber noch ein bisschen warten. Da man für die Baja California keine Fahrzeugeinfuhr machen muss und das an diesem Grenzübergang auch gar nicht geht, muss er bis nach La Paz warten, von wo aus wir mit der Fähre aufs Festland übersetzen wollen. Wir laufen noch ein bisschen in den Ort, besorgen uns unsere ersten Pesos bei der Bank und suchen wieder den Weg zurück in die USA. Ohne großartige Fragen dürfen wir wieder rein und fahren zurück zum Campingplatz, um noch einige Dinge zu organisieren. Eigentlich weiß zwar jetzt keiner wo wir ofiziell sind, schließlich sind wir in Mexiko schon eingereist und aus den USA noch nicht ausgereist, denn wir sind ja noch drin, aber das scheint hier keinen zu interessieren.

 

Am nächsten Morgen geht es endgültig los nach Mexiko. Als wir über die Grenze fahren, hält uns keiner an und weder unsere Papiere noch unser Wagen werden kontrolliert. Aber halt, da war ja noch was... Bevor wir über die Grenze fahren, parken wir unseren Toyo noch mal kurz auf der US Seite, denn schließlich muessen ja unsere Einreisekarte von den USA wieder abgeben, damit wir auch offiziell als ausgereist gelten und keine Probleme bekommen, wenn wir irgendwann noch mal rein wollen. Jetzt gibt es aber ja keine Ausreise aus den USA. Kein Häuschen, keine Beamten, kein Garnichts, was die Ausreise kontrolliert. Also sind wir zum einzigen US-Buero weit und breit gegangen, nämlich dem Einreisegebäude. Jetzt mussten wir aber der Beamtin erklären, dass wir nicht wieder einreisen, sondern nur unsere Einreisekarte abgeben wollen. "Aber wir wären doch hier bei der Einreise", meint die gute Frau. Ja, wissen wir, aber wo sollen wir die Karte denn sonst abgeben, wenn es keine Ausreise gibt. Gut, das wusste sie dann auch nicht. Aber ob wir denn wirklich nach Mexiko ausreisen und nicht wieder zurück kommen wollen. Wir hätten doch noch ein paar Tage Aufenthaltserlaubnis. Unsere Antwort stieß irgendwie auf wenig Verständnis. Noch hatten wir aber unseren Toyo auf US-Seite stehen, weil es auf der anderen Seite keine gescheiten Parkplätze gibt. Ohne Einreisekarte hätten wir aber unser Auto nicht holen können. Also doch erst mit dem Auto nach Mexiko. Während Lukas im Auto bleibt, flitze ich kurz alleine noch mal zurück zur US-Einreise und gebe schließlich unsere Karten ab. Mit Begleitschutz werde ich dann endgültig nach Mexiko entlassen.

 

Unser erstes Ziel in Mexiko ist Ensenada. Wir wollen das Grenzgebiet so schnell wie möglich hinter uns bringen. Bei den ganzen Horrorgeschichten vom Drogenkrieg in Mexiko, die vor allem von US-Amerikanern zum Besten gegeben werden, ist einem doch ein bisschen mulmig zumute. Aber die Fahrt ist recht unspektakulär. Bis wir uns unserer ersten Militärkontrolle nähern. Wir werden zwar einfach durch gewunken, aber so viele junge Männer in Uniform schwer bewaffnet mit Maschinengewehren sind doch irgendwie einschüchternd.

 

Wir haben von vielen gehört, dass die Baja California noch nicht das richtige Mexiko ist und sehr amerikanisch geprägt sei. Wir finden den Unterschied aber schon jetzt gravierend. Alles wirkt etwas mehr heruntergekommen, dreckiger und primitiver, aber dafür auch viel bunter und lebensfroher.

 

In Ensenada steuern wir als erstes die Tankstelle (Supiii! Nur noch 64 Cent pro Liter!) und den Supermarkt an. Da wir ab jetzt unseren Toyo nur noch ungerne aus den Augen lassen, gehen wir nacheinander einkaufen und brauchen beide eine Ewigkeit. Einfach überwältigt von der ohrenbetäubenden Weihnachtsmusik (Moment mal, es sind doch 30 Grad draußen) und den vielen neuen Produkten. Voll beladen mit frisch gebackenen Tortillas und Brötchen, Bohnenmus und scharfer Salsa, Ananas und Papaya fahren wir zu einem Campingplatz südlich der Stadt. Schön angelegt an einer Lagune, die Hühner und Hunde laufen uns vor den Füßen rum, gefällt es uns hier super gut. Auch wenn die Toiletten und Duschen mehr als rustikal sind.

 

Allerdings finden wir keinen der zuständig ist. Während wir noch unschlüssig rumstehen kommt ein Pickup auf den Platz gefahren mit einem Polizisten in Uniform. Seine Mutter würde hier auf dem Gelände wohnen und er wäre nur zur Mittagspause hier. Er könnte aber kurz für uns den Besitzer anrufen. Gesagt getan. Wir sollen uns einfach einen Platz aussuchen und ihm schon mal die Campinggebühr geben, er würde die bei seiner Mutter hinterlegen. Ohne groß zu überlegen geben wir ihm das Geld und könnten uns gleich darauf ohrfeigen. Waren wir da nicht ein bisschen zu vertrauensvoll? Schließlich sind wir ja jetzt in Mexiko und man hat schon viel gehört. Na gut, jeder muss halt sein Lehrgeld zahlen. Aber wir machen uns ganz umsonst Sorgen.

 

Wir bleiben gleich zwei Nächte, bevor wir weiter Richtung Süden fahren. Obwohl wir immer in der Nähe der Küste sind, sehen wir vom Meer nichts. Stattdessen geht es durch Weinanbau, Felder und dörre Hügel. Und wieder kommt eine Militärkontrolle. Diesmal wollen sie auch in unser Auto gucken. Mit seinem geschulterten Maschinengewehr kann sich der Soldat in unserem Toyo kaum bewegen. Neugierig guckt er in fast alle Schränke und als er auf unser Campingklo stößt kann er sich vor Lachen kaum halten und ruft gleich noch seine Kollegen her. Wir sind immer noch unglaublich nervös, aber eigentlich sind alle sehr nett.

 

Auf Fidel’s Campingplatz direkt am langen Sandstrand treffen wir auch die kanadische Reisegruppe wieder. Da unser Bodyboard ja die kalifornischen Wellen nicht überlebt hat, dürfen wir uns das von Dan und Lisa ausleihen bevor wir in die Wellen springen. Aber brrr, ist das noch kalt!

 

Ab El Rosario biegt die einzige asphaltierte Hauptstraße der Halbinsel, die MEX 1, ins Landesinnere ab und führt mitten durch die Sonora Wüste. Wow! Sind die riesig! Wie aus dem Bilderbuch tauchen die ersten großen, nein wirklich riesigen Cardón Kakteen auf. Dazwischen jede Menge dieser merkwürdigen Cirios Bäume, die ein bisschen aussehen wie umgedrehte Karotten nur in grün. Und alle möglichen anderen Kakteen von groß und dünn bis klein und dick, eher rund und eher länglich. Wir machen eine kleine Wanderung zu 6.000 Jahre alten Felsmalereien, aber die beeindrucken uns nicht so sehr wir die umliegende Landschaft. Ach ja, auch heute gab es wieder eine Militärkontrolle.

 

Wir nähern uns dem Golf von Kalifornien und biegen von der MEX 1 ab zur Bahía de los Angeles. Auf dem Weg dorthin sehen wir ein Schild zur Misión San Borja. Aus der staubigen Wellblechpiste wird eine immer enger werdende Sandpiste. Der Sand wäre ja nicht das Problem. Aber diese gemeinen Kakteen stehen immer dichter an der Fahrspur und immer öfter müssen wir ihnen mit der Säge zu Leibe rücken (Kakteenstacheln auf Autolack hört sich richtig fies an!). Aber irgendwie kommt es uns doch ganz schön weit vor. Hörte sich der Weg im Reiseführer nicht irgendwie anders an? Vorsichtshalber lesen wir doch noch mal nach. Und oh, okay. Wir befinden uns eigentlich gar nicht mehr auf einer Straße und von den 50 Kilometern haben wir gerade mal fünf geschafft. Also beschließen wir doch wieder umzudrehen und direkt zum Strand zu fahren. Aber leichter gesagt als getan. Rechts und links der Fahrspur wächst alles Mögliche und jede, wirklich jede Pflanze hat Stacheln von lang und dünn über kurz und dick und definitiv nicht Reifen schonend. Also fangen wir an erst mal ein Stück zu roden um am Ende mit Stacheln in den Fingern (aber nicht im Reifen) wenden zu können.

 

Leider versteckt sich mittlerweile die Sonne hinter den Wolken, so dass die Bucht der Engel nur halb so schön aus sieht wie sie wahrscheinlich ist. Auf dem Campingplatz treffen wir Claudia und Alex wieder, die wir in Utah kennengelernt haben. Eigentlich wollten wir ja an der Bahía de los Angeles einen kleinen Urlaub vom Reisen einlegen mit faulenzen am Strand, Schwimmen und nichts tun. Aber irgendwie kommen wir noch nicht zur Ruhe. Außerdem ist es am nächsten Tag immer noch bewölkt und es tröpfelt sogar ein wenig. Also beschließen wir spontan Claudia und Alex auf ihren geplanten Abstecher zurück an die Pazifikküste zur Bahía Asunción zu begleiten.

 

Gemeinsam fahren wir die 134 Kilometer (natürlich wieder mit Militärkontrolle) rüber an die Pazifikküste, wo wir an einem rauen, langen Sandstrand übernachten. Der Campingplatz wirkt ganz schön verlassen, aber immerhin gibt es jemanden, der das Geld kassiert. Toiletten sollte es eigentlich auch geben, aber irgendwie ist der Schlüssel nicht da und Wasser für die Spülung und die Waschbecken wird wohl auch erst morgen oder auch später geliefert. Ah ja! Aber dafür ist die Aussicht einfach toll.

 

Am nächsten Tag erreichen wir die Grenze zur Baja California Sur an der wir 20 Pesos für die Desinfektion unseres Toyos zahlen. Ob der dünne Strahl Desinfektionsmittel aber überhaupt den Wagen berührt, wage ich zu bezweifeln.


09. – 30.11.2012

Baja California Sur

Offroad-Abenteuer oder was man nicht machen sollte, Strandurlaub mit mexikanischer Einladung, Seehunde, Walhaie, gemeine Stachelrochen und Trucker auf Sauftour.

In Guerrero Negro, dem ersten Ort in Baja California Sur müssen wir mal wieder unsere Vorratsschränke auffüllen. Einen großen Supermarkt wird es aber erst viel weiter südlich wieder geben. Also gehe ich wie immer mit Einkaufszettel bewaffnet in einen der kleinen Tante Emma Läden rein. Mmmh, okay, also so rum klappt es nicht. Vielleicht sollten wir doch erst einkaufen und dann überlegen, was es zu essen gibt und den Einkaufzettel weg lassen. Aber dafür werden wir in Zukunft in Tortillarias leckere Tortillas, in Fruterias frisches Obst, in Panaderias knusprige Brötchen und süße Teilchen kaufen.

 

Vorm Abzweig zur Bahía Asunción können wir im schönen Innenhof eines Motels übernachten und zur Feier des Tages gehen Lukas und ich lecker Essen. Mmmh, die mexikanische Küche ist einfach köstlich! Es ist kaum zu glauben, aber vor genau einem halben Jahr haben wir unseren Toyo aus dem Hafen im kanadischen Halifax geholt und unsere große Reise begonnen.

 

Über Straßen mit mehr Schlaglöchern als Asphalt und vorbei an Salzlagunen geht es zur Bahía Asunción an der Pazifikküste. Nach dem wir keinen Campingplatz finden, machen wir (Claudia und Alex mit ihrem Iveco und wir zwei mit unserem Toyo) es uns zwischen Dünen gemütlich. Der Strand ist übersäet mit unzähligen Stücken riesiger Muscheln.

 

Am nächsten Morgen geht es über endlose Wellblechpisten weiter die Küste entlang. Nachdem wir den Reifendruck abgelassen haben können wir aber immerhin mit 50 Kilometern pro Stunde über die Wellen fliegen und das Rütteln, Schütteln und Rappeln wird erträglich. Auslöser für diese nervenaufreibenden Straßen ist übrigens ein einziger Hubbel, der sich bei weichem Untergrund und schweren Fahrzeugen immer weiter ausbreitet, bis die komplette Straße zur Horro-Wellblechpiste wird.

 

Da wir von der Straße recht wenig vom Meer sehen, wollen wir für die Mittagspause an den Strand. Nur wie? Straßen gibt es keine. Stattdessen trennen uns schon seit mehreren Kilometern eine breite Ebene und eine Düne vom Wasser. Sieht eigentlich gar nicht so schlecht aus. Der Boden ist trocken und fest, da können wir doch einfach drüber fahren, oder. Aber fest für 80 Kilo auf zwei Füssen ist nicht unbedingt fest für drei Tonnen auf vier Rädern. Und so kommt es wie es kommen muss, wir fahren uns beide fest. Der Plan mit Abstand auf die Ebene zu fahren, um uns gegebenenfalls gegenseitig rauszuziehen geht nicht auf. Denn als wir sehen, dass Alex sich mit dem Iveco eingräbt ist bei uns der Boden auch schon zu weich.

 

Also Schaufeln raus und Sandbleche abschrauben. Während der Wagen von Alex und Claudia mit ein bisschen buddeln und die Sandbleche unter die Räder legen recht schnell wieder frei ist, steckt unser Toyo nach dem ersten Versuch bereits bis zum Unterboden im Schlamm fest. Und dieser Schlamm ist sowas von schwer und klebrig, dass nach kurzer Zeit die Schaufeln so verklebt sind, dass wir kaum etwas von dem Schlamm weg bekommen. Bei dem Zeug haben wir keine Chance unseren Toyo heute noch komplett frei zu buddeln. Also kramen wir auch noch die Abschleppgurte raus. Vierzig Meter haben wir zusammen und fünfzig trennen uns von der sicheren Fahrbahn. Um nicht in unsere aufgewühlte Spur zu kommen, fährt Alex in einem größeren Bogen näher an uns ran. Mit Entsetzen müssen wir zusehen, wie er nur zwei Meter neben der Straße langsam wieder mit der Hinterachse im Matsch versinkt. Also erst mal wieder die mit Schlamm schweren Sandbleche und Schippen zu seinem Auto tragen und ihn befreien. Aber auch als er sicher auf Sandblechen im Abstand von zwei Abschleppgurten vor unserem Toyo steht zum rausziehen, bewegt sich unser Toyo kein Stück. Stattdessen rutschen die Sandbleche unter seinen Rädern hervor und er gräbt sich auch wieder ein.

 

Mittlerweile ist schon der erste Mexikaner mit Familie vorbeigekommen und Hilft sofort mit. Kurze Zeit später kommen auch noch zwei Freunde von ihm. Unsere Nerven sind zum Zerreisen angespannt und ich stelle mich in Gedanken schon darauf ein im eingegrabenen Toyo zu übernachten. Aber am Ende schaffen wir es nach fast drei Stunden mit Hilfe von drei Mexikanern unseren Toyo mit Wagenhebern hinten anzuheben, den schweren Schlamm unter den Räder wegzubuddeln, die Sandbleche unterzulegen und mit kräftigen Schieben, Untersetzung und Differentialsperren wieder raus zu kommen. Wir sind alle total eingesaut, aber auch unglaublich stolz und erleichtert, dass wir es geschafft haben. Und die Mexikaner freuen sich über unseren Biervorrat und die Kinder über die Cola.

 

Wir suchen uns den nächstbesten, geschützten Platz zwischen Dünen. Wirklich Lust weiterzufahren hat heute keiner mehr. Bei der ganzen Aufregung ist uns allerdings entgangen, wie unglaublich viele Fliegen es hier gibt. Ich stolper fast wieder rückwärts aus unserem Toyo raus als ich das Gesumme, Gewusel und Gewimmel sehe. Zum Glück haben Claudia und Alex diese klebrigen Fliegenfallen dabei, die wir sofort aufhängen und sämtliche Türen und Fenster schließen. Als wir ins Bett gehen haben sich auch die Fliegen beruhigt und lassen uns zumindest über Nacht in Ruhe. Bevor ich die Augen schließe zähle ich noch 87 Stück an der Decke... Es wird noch zwei Tage dauern, bis wieder alle draußen sind.

 

Wieder im Landesinneren der Baja erreichen wir San Ignacio, einen süßen, kleinen Ort inmitten einer Oase aus Dattelpalmen. Auf der Plaza mit der schönen alten Mission gibt es frische Datteln und Dattelbrot zu kaufen. Und auch unser Nachtlager schlagen wir zwischen Palmen auf.

 

Mittlerweile merkt man, dass die Baja 1000 vor der Tür steht. Ein bekanntes Offroadrennen, das die gesamte Halbinsel entlang geht. Uns begegnen immer mehr dieser verrückten Geländefahrzeuge, die schon mal die Strecke testen. Zugunsten von Erholung am Strand werden wir das eigentliche Rennen aber nicht sehen.

 

Auf der Suche nach einem Strand zum Baden und Ausspannen fahren wir wieder an die Küste der Mar de Cortés (oder auch Golf von Kalifornien genannt). Der Blick auf das blau glitzernde Meer, das zwischen den grünen Hügeln auftaucht ist wunderschön. Bevor es an den Strand geht, fahren wir in Mulegé aber noch einen Campingplatz an, der Waschmaschinen haben soll. Gut, die Waschmaschine war da, funktionierte auch, aber nur mit kaltem Wasser. Nicht das, was wir uns eigentlich unter Wäschewaschen vorstellen. Allerdings werden wir später noch feststellen, dass es mehr einem Wunder gleichkommt hier eine Waschmaschine mit Heißwasseranschluß zu finden.

 

Dass es hier so ungewöhnlich und wunderschön grün ist, liegt wohl an dem vielen Regen, den der eigentlich viel zu späte Hurrikane vor gut drei Wochen mitgebracht hat. Einige Straßen sind dadurch ganz schön in Mitleidenschaft gezogen worden und leider gibt es auch mehr Stechviecher als üblich. Aber das Paradies ist halt nur auf Bildern perfekt. Dennoch gefällt es uns an der Playa El Coyote, der an der geschützten Bahía Concepción liegt, so gut, dass wir gleich fünf Nächte bleiben. Die ruhige Bucht mit klarem türkiesen Wasser ist eingerahmt von grün-braunen Hügeln mit riesigen Kakteen. Da es Claudia und Alex aber weiter zieht, trenne sich hier unsere Wege.

 

Wir machen es uns mit unsere neu erstandenen Hängematte in einer der Palapas gemütlich (die wir abends mit neuen schwarzen Witwen teilen) und werden jeden Tag von Tamales-Empanada-y-Fruita-Verkäufer mit leckerem Essen versorgt.

 

Außer ein paar Snowbirds aus Kanada ist noch ein verrückter Hippie aus den USA am Strand. Pünktlich zum Wochenende fällt dann noch eine mexikanische Familie ein. Wir zählen sieben Kinder und acht Erwachsene, aber nur ein Zelt. Deshalb wird kurzerhand die Ladefläche vom Pickup zum Bett umfunktioniert. Am nächsten Morgen fahren drei von ihnen mit dem Bötchen raus, bewaffnet mit einem Becher, um das Wasser rauszuschöpfen, und einer Schippe und einem Besen zum Paddeln. Wir können es kaum glauben, aber es funktioniert erstaunlich gut.

 

Am letzten Tag lernen wir Yesenia und Javier kennen, die seit ihrer Geburt in Santa Rosalía 80 Kilometer nördlich von hier leben. Die beiden kommen schon seit Jahren zum zelten an die Bahía Concepción, allerdings zwei Strände weiter. Spontan laden sie uns abends zum Essen zu sich ein, denn sie freuen sich immer aus fremden Ländern zu hören.

 

Wir wollen gerade losfahren, da kommt ein grüner Mitsubishi Van mit Dresdener Kennzeichen angefahren, Kathi und Martin mit ihrem Herrn Lehmann. Im Schlepptau haben sie zwei Tramper, Diana und Pitu aus Spanien. Und kurz danach treffen noch zwei Radfahrer, Maggie und Tobi aus Kanada, ein. Wir können uns gar nicht losreisen, schaffen es aber trotzdem irgendwie pünktlich zu unserer Einladung.

 

Das Lagerfeuer brennt schon am Strand und ein Freund von Yesenia und Javier hat am Morgen frischen Fisch und Muscheln gefangen, die überm Feuer gegrillt werden. Er hat in der Nähe ein Restaurant und seine Frau hat das Essen für uns zubereitet. Zusammen mit Tortillas und Rotwein einfach köstlich. Auch wenn wir uns nur mit Händen und Füssen und einem Mischmasch aus Spanisch und Englisch unterhalten können macht es riesigen Spaß und wir lernen viel. Später kommt noch besagter Freund mit seiner Frau und den vier Kindern vorbei und es werden noch Fleischtacos überm Feuer gebrutzelt.

 

Nach einer kurzen Nacht quatschen wir noch bis mittags mit Kathi und Martin. Dann müssen wir aber weiter, denn unsere Vorräte und vor allem unser Wasser sind aufgebraucht. Da Diana und Pitu auch weiter wollen packen wir sie kurzerhand hinten in unseren Toyo rein und fahren nach Loreto, vorbei an, wie sollte es anders sein, unserer sechsten Militärkontrolle.

 

In Loreto nutzen wir die Zeit zum Wäsche waschen (natürlich nur kalt), Einkaufen und ausführlich zu skypen (unser Rekord liegt jetzt bei drei Stunden ohne Unterbrechung ;-).

 

Hinter Loreto machen wir einen kurzen Abstecher ins Landesinnere zur Mission San Javier. Und erreichen einen Tag später gegen Mittag nach einer endlos erscheinende Fahrt über die Magdalena Plain, die Straße ist schnurgerade, in der Ebene sind einzelne Kakteen verstreut, La Paz. Vom Campingplatz wollen wir direkt mit dem Bus in die Stadt. Allerdings müssen wir über eine Stunde auf einen Bus warten, der eigentlich jede halbe Stunde fahren sollte. Da wir nicht im Dunkeln wieder zurück wollen, haben wir nicht mehr viel Zeit um für den nächsten Tag eine Tour zu den Walhaien zu buchen. Also steuern wir die Touri-Info an und fragen nach. Der Mitarbeiter empfiehlt uns Kapitän Jesus mit einer Tour zur Isla Espiritus Santo (na das klingt doch mal heilig). Mit Glück können wir auch Walhaie sehen.

 

Am nächsten Morgen werden wir um 9 Uhr von Kapitän Jesus höchst persönlich abgeholt. Bei schoensten Wetter fahren in dem kleinen Bötchen raus aufs Meer. Noch in der Bucht sehen wir die ersten Walhaie. Wahnsinn, ist der Groß! Mit bis zu 12 Metern sind sie die größten Haie und zugleich auch größten Fische der Welt. Aber da sie sich ausschliesslich von Plankton und anderen Kleinstlebewesen ernähren, sind sie für den Menschen vollkommen ungefährlich. Gut, eine wirkliche Schönheit sind sie mit ihrem breiten Maul und den kleinen Augen an der Seite nicht. Aber die weisen Flecken und Streifen auf der blauen Haut sehen wunderschoen aus. Da bereits so viele Boote hier sind, müssen wir allerdings weiter fahren.

 

Also geht es im Affentempo weiter zur Isla Espiritus Santo. Die Wellen knallen gegen den Bug und wir werden ganz schön durchgeschüttelt. Am anderen Ende der Insel erreichen wir einen Felsen mit einer kleinen Seehundkollonie. Wir hören und riechen sie schon lange bevor wir sie sehen. Zwischen den Seehunden, die sich in der Sonne räkeln sitzen Pelikane und Kormorane. Wir ziehen unsere Maske, Schnorchel und Flossen an und springen ins dunkelblaue klare Wasser. Unter uns ein riesiger Sardienenschwarm. Silbern glitzern die unzähligen kleinen Fische in der Sonne. Tschuuu. Nur wenige Zentimeter neben mir schießt ein Kormoran wie ein Pfeil ins Wasser und macht Jagd auf die Fische. Sie stoben auseinader, nur um sich Sekunden später wieder zu einem Schwarm zusammen zu finden.

 

Langsam schwimmen wir weiter zu einem Bogen im Felsen. Es ist dunkel im Schatten, aber schon sehen wir die ersten Seehunde. Mühelos gleiten sie durchs Wasser, kabbeln sich und spielen ausgelassen mit Seesternen. Wenn es mit Schnorchel im Mund nicht so schwierig wäre, könnte ich mich kaputt lachen, so witzig sehen sie aus.

 

Auf der anderen Seite des Felsbogens dringen wieder Sonnenstrahlen ins Wasser und lassen die bunten Fische und violetten Korallen leuchten. Und wieder kommt ein Seehund auf mich zu. Neugierig schwimmt er um mich rum und dreht sich dicht vor mir auf den Rücken. Vorsichtig streichele ich über seinen Bauch und bin ganz erstaunt, wie weich sich das nasse Fell anfühlt. Nach einer kurzen Streicheleinheit ist er wieder weg. Wow, ich bin ganz hin und weg! Viel zu früh müssen wieder zurück aufs Boot.

 

An einem der einsamen weisen Sandstrände, gesäumt von rosa Felsen und grünen Kakteen, machen wir Mittagspause. Auf dem Weg zurück passieren wir eine Kolonie Fregattvögel, bei denen die Männchen ihre roten Kehlsäcke aufplustern. Alle sind gespannt, ob wir noch mal Walhaie sehen. Und tatsächlich. Kurz bevor wir wieder La Paz erreichen, sehen wir eine Rückenflosse durchs Wasser schießen. Er ist so schnell, dass er bald wieder aus unserem Blick verschwunden ist. Aber der zweite treibt gemütlich durchs Wasser. Wir haben unsere Schnorchelsachen schon an und lassen uns langsam ins Wasser gleiten.

 

Zunächst sehe ich nichts denn das Wasser ist trüb vom Plankton. Und dann taucht er plötzlich neben mir auf. Mir stockt fast der Atem. Dicht vor mir schwimmt Lukas neben diesem Riesen, versucht mit ihm mitzuhalten. Aber anstatt weiter zu schwimmen, stellt sich der Walhai senkrecht ins Wasser und fängt an von der Wasseroberfläche zu fressen. Wir sind total fasziniert. Nach ein paar Minuten schwimmt er dann davon.

 

Auf unserem Weg zurück an Land sehen wir noch vier weitere Walhaie und pünktlich zum Sonnenuntergang begleitet uns eine Gruppe Delfine. Perfekter kann ein Tag nicht sein!

 

Als wir zurück am Campingplatz sind ist die Freude groß. Neben unserem Toyo steht der grüne Herr Lehmann und Kathi und Martin begrüßen uns. Wir beschließen sofort die nächsten Tage zusammen zu reisen und gemeinsam die Fähre aufs Festland zu nehmen.

 

Dafür fahren wir am nächsten Tag zum Hafen. Als erstes brauchen wir aber noch die temporäre Einfuhrerlaubnis für unsere Fahrzeuge. Nach kurzen Suchen stehen wir vorm richtigen Schalter. Wir hätten jetzt die Möglichkeit unseren Toyo als Fahrzeug oder als Wohnmobil einzuführen. Seit letztem Jahr muss aber für Pkws eine Kaution hinterlegt werden. Wir haben schon von anderen Reisenden gehört, dass das Wiederbekommen der Kaution aber nicht immer so einfach geht, oder zu wenig zurück gezahlt wird. Also entscheiden wir uns für die Wohnmobilvariante, auch wenn die Gebühr ein kleines bisschen höher ist. Wir zeigen Reisepass, Touristenkarte und Fahrzeugschein vor, machen von allem zwei Büros weiter noch eine Kopie, zahlen 660,84 Pesos Gebühr (geht nur in US$ oder Kreditkarte), die nette Dame wirft einen Blick ins Fahrzeug und schon darf unser Toyo offiziell 10 Jahr im Land bleiben.

 

Eine Tür weiter ist das Büro von TMC, einer der zwei Schifffahrtsgesellschaften die regelmäßig von La Paz im Süden der Baja California nach Mazatlán auf dem mexikanischen Festland übersetzen. Das reservieren unserer Plätze für Mittwoch ist kein Problem. Eigentlich ist TMC eine Transportfähre für LKWs, bei der man aber während der Überfahrt im Fahrzeug bleiben darf. Bei 16 Stunden über Nacht nicht verkehrt. Und noch dazu ist es günstiger als der Konkurrent Baja Ferries zumal wir uns diesmal als normaler Pkw und nicht als Wohnmobils ausgeben (Wohnmobile zahlen mehr als das Doppelte).

 

Das ging ja schneller als gedacht. Wir fahren getrennt noch mal zurück nach La Paz zum einkaufen und treffen uns abends an der Playa Tecolote wieder. Einem schönen Sandstrand mit türkisen Wasser und noch dazu kostenlos.

 

Den nächsten Tag verbringen wir mit Lesen, Route planen, Baden und Sonnen am Strand. Und abends stoßen wir am Lagerfeuer mit Kathi und Martin auf unseren letzten Abend auf der Baja an. So glauben wir zumindest...

 

Nur noch eine Stunde bevor wir zum Hafen fahren wollen. Lukas geht noch mal ins Meer und dann kommt wieder alles anders als geplant.

 

Als ich Lukas auf mich zulaufen sehe, weiß ich sofort, dass etwas nicht stimmt. „Scheiße, scheiße, scheiße, ich glaube mich hat ein Stachelrochen erwischt.“ Sofort schießen mir die Meldungen durch den Kopf, als 2006 dieser verrückte Australier Steve Irwin von einem Stachelrochen ins Herz gestochen wurde und sofort starb. Okay, tief Luft holen. Ich kämpfe gegen die aufkeimende Panik an. Schließlich ist es nur der Fuß und nicht das Herz. Wird schon gut gehen! Lukas ist auch total durch den Wind. Zum Glück sagt er mir noch nicht wie unglaublich stark der brennende Schmerz wirklich ist. Ich zwinge ihn sich hinzusetzen und wasche kurz den Fuß, bevor ich mit Martins Hilfe in Windeseile unsere Sachen ins Auto schmeiße. Statt zum Hafen geht es jetzt also erst mal ins Krankenhaus in La Paz. Ich schaffe es kaum mich von Kathi und Martin zu verabschieden, bevor wir los düsen. An der ersten Polizeikontrolle frage ich noch mal nach dem Weg und muss mich zwingen nicht viel zu schnell zu fahren. Die Straße ist kurvig und die unzähligen Stoppschilder und Topes (zu gut deutsch Geschwindigkeitsbegrenzungshubbel) machen mich fast Wahnsinnig. Aber keine Stunde nach dem der Stachelrochen zugestochen hat, sitzen wir im Behandlungszimmer und sind erleichtert, dass der Arzt sogar Englisch spricht.

 

Ein Spritze später und mit Penicillin bewaffnet sind wir wieder auf dem Campingplatz in La Paz, wo wir auf Anweisung vom Arzt Lukas Fuß mit heißem Wasser behandeln. So heiß, dass er es gerade aushalten kann. Dadurch sollen wohl die Proteine im Gift zersetzt werden.

 

Am nächsten Morgen sieht man von dem Einstich fast nichts mehr. Dafür aber eine kleine Brandblase - war wohl doch etwas zu heiß das Wasser :-(. Wir fahren wieder zum Hafen, um für den nächsten Tag einen Platz auf der Fähre zu reservieren. Leider ist diese aber schon ziehmlich voll, so dass wir am Freitag auf gut Glück vorbeikommen sollen.

 

Wir verbringen den Rest des Tages wieder in Tecolote am Strand und sind Freitagmorgen pünktlich um 10 Uhr am Hafen. Unser Toyo ist so klein zwischen den ganzen LKWs, dass der Verlademeister kein Problem sieht uns unterzubekommen. Vorher müssen wir aber durch den Zoll, wo sorgfältig unsere Dokumente für die Fahrzeugeinfuhr und mein Pass kontrolliert werden. Ob wir danach noch komplett durchsucht werden entscheidet der Zufallsgenerator. Aber zum Glück zeigt das Lämpchen grün und wir dürfen weiter. Jetzt heißt es warten und warten und warten. Um 13 Uhr fängt das Verladen an und um 18 Uhr stechen wir schließlich in See.

 

Unser Toyo steht zwischen Reling und Lastenaufzug in der hintersten Ecke. Aus dem Bett haben wir direkten Blick aufs Meer. Blöderweise sind wir aber auf einer Truckerfähre. Und die meinen jetzt das ein oder andere (oder auch ein paar mehr) Feierabendbier trinken zu müssen. Natürlich direkt vor unserem Toyo, dessen Motorhaube sich ja gut als Theke macht :-(. Als dann auch noch zwei meinen sich kloppen zu müssen, sind wir alles andere als entspannt. Zum Glück kommt da aber ein Schiffsmitarbeiter und schickt alle weg und den verbogenen Zusatzscheinwerfer können wir auch wieder richten.

 

Der Rest der Nacht verläuft ruhig und wir werden vom sanften Seegang in den Schlaf geschaukelt. Allerdings schlafen wir sicherheitshalber unten im Auto. Von oben ist uns die Reling doch zu weit weg. Am nächsten Morgen werden wir vom Geruch des Ziegenlasters zwei Reihen weiter geweckt und nach fast 16 Stunden ist endlich das mexikanische Festland in Sicht. Wir freuen uns schon riesig auf neue Abenteuer.


Zentrale Pazifikküste

Sinaloa, Nayarit und Jalisco

01. – 07.12.2012

Palmengesäumte Strände, tropische Oasen, ein cooler Surferort und Topes, die einem das Fürchten lernen.

Wir sind viel schneller von der Fähre runter, als wir gedacht hätten. Noch eine kurze Militärkontrolle, wo der schwer bewaffnete Soldat, der unseren Toyo durchsucht, nicht weiß wie die Schränke aufgehen und sich mit einem Blick in die Spüle begnügt. Und wir werden aufs mexikanische Festland entlassen. Dachten wir noch, dass auf der Baja California im Vergleich zu den USA alles viel bunter, quirliger, chaotischer und lauter ist, dann setzt das Festland noch mal einen oben drauf.

 

Mazatlán lassen wir schnell hinter uns und fahren ein Stückchen die Küste runter nach Teacapán. Die hügelige Landschaft ist grün und saftig. Überall gibt es Palmen und Bananenstauden. Schmetterlinge flattern durch die Luft. Der breite Sandstrand von Teacapán ist von dichtem Palmenwald gesäumt. Nur leider nicht da, wo der Campingplatz ist.

 

Eigentlich wollen wir am nächsten Tag nur kurz in den nächsten Ort fahren, um einen Straßenatlas von Mexiko, Wasser und ein paar Lebensmittel zu kaufen, bevor es weiter geht. Aber heute ist der erste Advent und auch hier herrscht das vorweihnachtliche Chaos. Auf der Plaza läuft Weihnachtsmusik und der Tannenbaum ist schon geschmückt (und das zwischen Palmen, blauem Himmel und 30 Grad!). In den Läden ist ein Gewusel von Menschen und wir brauchen eine halbe Ewigkeit für den Einkauf. Also fahren wir doch wieder zurück zum Campingplatz und erholen uns den Rest des Tages im Pool und am Strand.

 

Dabei können wir das Fotoshooting einer bildhübschen quinceañera beobachten. In vielen Lateinamerikanischen Ländern ist fuer ein Mädchen der fünfzehnte Geburtstag etwas ganz besonderes. Quasi der Übergang von der Kindheit zur Frau. Und wenn die Familie genug Geld hat wird es entsprechend groß gefeiert. In ihrem Ballkleid sieht sie jedenfalls aus wie eine Prinzessin.

 

Am nächsten Morgen starten wir frueh. Und das ist auch gut so. Denn für die 230 Kilometer brauchen wir ganze fünf Stunden. Dabei lernen wir die berüchtigten Topes zu fürchten. Es gibt sie in klein und dicht hintereinander, wie bei einer Wellblechbiste (nervig), in breit und flach (harmlos) und in schmal und hoch, ähnlich einer Bürgersteigkante (Horror!). Manchmal gibt es Schilder und die Topes sind gelb-weis markiert (gut). Manchmal gibt es Schilder und Markierungen ohne Topes (nicht so schlimm). Aber manchmal gibt es auch Tope, die ohne Schilder, Markierung und im Schatten der Bäume einfach nicht zu sehen sind (sehr schlimm). Davon haben wir dann auch gleich mal zwei hintereinander übersehen. Wirklich keine schöne Sache! Hat nämlich ganz schön gescheppert.

 

Wir fahren zu einem Platz etwas südlich von San Blas und landen in einem kleinen Paradies! Wir sind die einzigen Gäste in einer kleinen Hotelanlage in deren Garten man auch campen kann. Zwischen tropischen Pflanzen, einem schön angelegten Pool und Blick aufs Meer, wo Pelikane und Kormorane sich immer wieder halsbrecherisch ins Wasser stürzen, fühlen wir uns so wohl, dass wir gleich länger bleiben. Wie im Urlaub ;-)

 

Keine hundert Kilometer weiter landen wir in einer komplett anderen Welt, in Sayulitas. Der Ort ist bunt und quirlig und wird von unzaehligen coolen Surfer, schwer bepackten Backpacker und abgeratzten Hippies bevoelkert. Wir finden einen unverschämt teuren Platz mitten im Ort, wo wir campen können und genießen es durch den Ort mit zu schlendern. Natürlich schaffen wir es nicht an diesen unglaublich lecker duftenden Tacobuden verbeizulaufen und so gönnen uns die besten Quesadillas, die wir je gegessen haben. Yummie!

 

Abends setzen wir uns mit Decke und zwei fruchtig, süffigen Margaritas an den Strand und beobachten das Treiben und die Surfer. Wie sie geduldig im Meer tümpeln, bis wieder die perfekte Welle kommt. Dann paddeln sie alle los auf ihren Brettern und schaffen es mal mehr, mal weniger die Welle zu reiten. Erst als die Sonne komplett verschwunden ist, kommen die letzten wieder aus dem Wasser.

 

Wir machen noch einen letzten Stopp an der Küste am Boca Beach, hängen in unserer Hängematte zwischen den Palmen ab und spazieren am langen Sandstrand entlang.

 

Dann biegen wir schweren Herzens ins Inland ab zu den bunten Kolonialstädten.


Mexikanisches Hochland I

Jalisco und Guanajuato

07. – 17.12.2012

Schweizer Küche, defekte Welle, eine bunte Spielzeugstadt und grusselige Mumien.

Die Straße schraubt sich von der Küste immer höher in die Berge. Die Vegetation wird immer spärlicher und die Palmen werden von Kakteen abgelöst. Mit jedem Höhenmeter wird es auch ein bisschen kälter, bis wir schließlich unseren Übernachtungsplatz Roca Azul, einer Mischung aus Freibad, Freizeitanlage und Campingplatz, an der Laguna Chapala auf gut 1.500 Metern erreichen.

 

Unser nächstes Ziel ist die Stadt Atotonilco El Alto aus der unter anderem der berühmte Tequila kommt. Eigentlich wollen wir hier eine der Tequiladestillerien besichtigen, aber es soll mal wieder anders kommen.

 

Jetzt aber erst mal von vorne. Von Roca Azul aus schlagen wir den kürzesten Weg Richtung Atotonilco El Alto ein, der am Nordufer der Laguna Chapala entlang geht. Schnell müssen wir feststellen, dass eine gelbe Linie in unserem Straßenatlas so ziemlich alles bedeuten kann. Von einer gut ausgebauten zweispurigen Straße (vergleichbar mit einer Landstraße bei uns) bis zu einer einspurigen, sehr schmalen Kopfsteinpflasterpiste. Und so poltern und schlängeln wir uns zwischen Bergen und See entlang, durch winzige Dörfer hindurch, weichen Bussen aus für die eigentlich kein Platz ist und immer wieder laufen uns Kinder, Hühner, Hunde, Pferde und Esel vors Auto. Plötzlich versperrt auch noch ein Festzelt die einzige Straße und wir müssen uns über Seitenstraßen, die den Namen Straße eigentlich gar nicht verdient haben, einen neuen Weg suchen. Auch wenn die Strecke wunderschön und super interessant ist, biegen wir mit einem Blick auf die Uhr bei nächster Gelegenheit Richtung Hauptstraße ab.

 

Das Schöne an Mexiko sind die vielen Verkaufsstände am Straßenrand. Da gibt es Pickups voll mit Melonen oder Limetten, Stände mit Tacos oder gebratenen Erbsen, Cowboyhüte oder Decken. Auch diesmal können wir nicht wiederstehen und so gibt es einen riesen Becher frischer Himbeeren für 10 Pesos (0,60 €) und köstliche Tacos (Fladen aus Weizen- oder Maismehl meist mit gebratenem, kleingeschnittenen Rindfleisch oder Paprikawurst gefüllt und Tomaten, Zwiebeln und Salsa) für 5 Pesos (0,30€) das Stück. Ich weiß nicht, ob ich es schon mal erwähnt hatte, aber wir lieben die mexikanische Küche! Lukas vor allem die angeblich 300 verschiedenen Chillisorten. Bisher konnten wir aber nur zehn oder so testen.

 

Einem Tipp von anderen Reisenden folgend biegen wir vor Atotonilco El Alto in das kleine Dorf Santa Elena ab. Auf der Plaza sitzen alte Männer mit Cowboyhüten, spielen Karten oder rauchen Zigaretten. Schließlich stehen wir bei Charly vor der Tür. Charly ist Schweizer und vor gut 22 Jahren nach Mexiko ausgewandert. Hier, in einem kleinen, verschlafenen Örtchen betreibt er ein kleines, aber feines Restaurant. Da es weit und breit keine Campingplätze gibt, sind wir froh, dass wir bei ihm auf dem Grundstück zwischen Hunden, Hühnern, Kaninchen und einem hübschen Pferd, campen dürfen. Dafür gehen wir natürlich auch gerne bei ihm essen (zumal das Züricher Geschnetzelte und die Würstchen auch noch so verdammt lecker schmecken!).

 

Am nächsten Tag (der Hahn hat bereits um 2:00 Uhr versucht uns aus dem Bett zu bekommen) schauen wir uns erst mal die Radnabe von unserem Toyo hinten rechts genauer an. Seit vorgestern scheint nämlich irgendwie Öl auszutreten. Nur leider können wir nicht wirklich erkennen wo. Charly bietet uns an, dass der Mechaniker seines Vertrauens ja mal einen Blick drauf werfen könnte. Gesagt getan. Man kann sich vorstellen, dass wir nicht gerade begeistert waren, als er einen feinen Riss im Flansch entdeckt, der quasi ein Teil mit der Antriebswelle ist. Und eben durch diesen feinen Riss tritt Getriebeöl aus. Natürlich könnte man das Schweißen, aber wie lange hält das dann? Wahrscheinlich bis irgendwo in Südamerika in der Pampa, wo die nächste Werkstadt hunderte Kilometer entfernt ist. Also wollen wir doch lieber versuchen eine neue Welle aufzutreiben.

 

Zum Glück sind wir quasi in der Nähe (gut 100 Kilometer östlich) von der zweit größten Stadt Mexikos, Guadalajara, und dort gibt es tatsächlich eine Niederlassung von Toyota. Leider ist der Mechaniker übers Telefon wenig erfolgreich, da Toyota hier unser Fahrzeugmodel nicht kennt. Also suchen wir übers Internet selber die Artikelnummer der Welle raus, rufen mitten in der Nacht in Deutschland an, um uns zu vergewissern, dass es die richtige ist und machen uns am nächsten Tag mit der Welle unterm Arm auf zu Toyota nach Guadalajara. Mit unserer Fahrzeugnummer können sie immer noch nichts anfangen, aber die Artikelnummer von der Welle kennen sie. Wir sind wenig überrascht, als der Mitarbeiter sagt, dass sie die Welle nicht da haben. Aber dafür sind wir umso überraschter, dass die Welle innerhalb von einem Tag aus Mexiko Stadt da wäre. Wow! Allerdings auf unsere Verantwortung, dass es auch die richtige ist.

 

Also fahren wir am nächsten Tag zum zweiten Mal innerhalb von 24 Stunden nach Guadalajara. Der Mitarbeiter macht es noch mal spannend, indem er fast eine halbe Stunde nach unserer ja nicht ganz so kleinen Welle sucht, aber sie ist tatsächlich da und es ist wirklich die richtige. Uns fällt ein riesen Stein vom Herzen. Hatten wir uns doch vorher schon innerlich darauf eingestellt vier Wochen auf eine aus Deutschland warten zu müssen.

 

In der Zeit, die wir uns nicht mit der Welle beschäftigen, besichtigen wir Atotonilco El Alto (nichts besonderes), ich reite Soriana, das Pferd von Charlys Tochter, wir quatschen mit den anderen Gästen bei Charly und probieren uns durch Charlys Tequilavorräte. Und wie war das mit der Besichtigung in der Tequiladestillerie? Ja, die hätten wir am Dienstag oder Mittwoch machen können, aber da waren wir ja in Guadalajara. Man muss halt Prioritäten setzen.

 

Nach sechs Tagen verlassen wir schließlich Charly Richtung Guanajuato. Diesmal ist die gelbe Linie im Straßenatlas eine gut ausgebaute Landstraße und wir genießen die Fahrt zwischen Agavenfeldern und durch kleine Dörfer.

 

Als wir Guanajuato erreichen sind wir auf Anhieb begeistert! Schließlich ist die Stadt, die 1559 wegen der reichen Silber- und Goldvorkommen in der Gegend gegründet wurde, UNESCO Weltkulturerbe. Wie eine Spielzeugstadt liegen die bunten Häuser am Hang. Die Kopfsteinplasterstraßen sind eng und steil und verschwinden immer wieder in Tunneln, die früher mal Flüsse waren. Obwohl wir eine gute Beschreibung zum Campingplatz haben und unser Navi sogar die Straße kennt, schaffen wir es kurz vorm Ziel noch mal falsch abzubiegen. Die Straße ist so eng, dass wir nicht wenden können und so stoppe ich kurzerhand den Verkehr, so dass wir rückwärts raus können. Schließlich klettern wir mit Untersetzung wieder den Hang hinauf zum Campingplatz.

 

Von dem Campingplatz haben wir eine traumhafte Aussicht auf die bunten Häuser und abends werden wir von Hunden in den Schlaf gebellt und morgens wieder von Hundegebell und krähenden Hähnen geweckt. Außer uns ist noch ein Fahrzeug mit auf dem Platz und das hat natürlich ein deutsches Kennzeichen. Martina und Lothar mit ihrem Expeditions-Lkw.

Auch wenn die Nächte immer kühler werden, haben wir tagsüber traumhaftes Wetter. Und so schlendern wir zwei Tage bei strahlendem Sonnenschein durch die Stadt. Immer wieder geht es über Kopfsteinpflaster und Treppen steil bergab und steil bergauf und auch mal durch dunkle Tunnel hindurch. Wir essen im Jardín de la Unión süße Papaya, typisch mexikanisch mit ein bisschen Chillipulver und Salz bestreut und in frischem Limettensaft ertränkt (kling ecklig, schmeckt aber himmlich!). Von der Panoramica genießen wir den Blick auf die gelben, grünen, pinken, blauen, lilanen und roten Häuser und können den duftenden Tacos nicht wiederstehen. Immer wieder finden wir gemütliche Plazas, die zum Verweilen einladen und wir beobachten bei einem kühlen Eis das Treiben.

Am zweiten Tag gehen wir ins Museo de las Momias. Eine sehr interessante, aber auch gruselige Angelegenheit. Die hier ausgestellten mumifizierten Körper mit zum Teil sehr grotesken Gesichtsausdrücken, stammen aus dem benachbarten Friedhof. Als hier 1865 die ersten Überreste ausgegraben wurden, um Platz für neue Körper zu schaffen, entdeckten die Mitarbeiter keine Skelette, sondern Mumien. Und das obwohl viele der Körper gerade mal sechs Jahre beerdigt waren. Grund hierfür ist wohl der hohe Anteil an Kalk und Ton im Boden.

 

Von Guanajuato sind wir nur zwei Stunden unterwegs, bis wir die nächste Kolonialstadt San Miguel de Allende erreichen.


Mexikanisches Hochland II

Guanajuato, Michoacán, Hidalgo, Mexico und Puebla

17. – 30.12.2012

Weihnachten mal anders, millionen schlafender Schmetterlinge, toltekische Krieger und fast die größten Pyramiden der Welt.

San Miguel de Allende ist eine hübsche, unglaublich saubere und aufgeräumte Kolonialstadt im mexikanischen Hochland, die ein Magnet für europäische Langzeitreisende zu sein scheint. Und viele bleiben länger als geplant. So wundert es uns nicht, dass wir auf dem Campingplatz fast nur Deutsch hören. Da gibt es Bärbel und Joachim mit ihrem LKW aus Baden-Württemberg, die bereits seit vier Jahren hier stehen. Wir treffen Martina und Lothar aus Hilden (wir waren zusammen in Guanajuato) und Sandra und Peter aus den Niederlanden (zuletzt am Tag des Stachelrochenangriffs gesehen) wieder. Heidi und Heiko aus Berlin, wollten eigentlich nur in Kanada ein Jahr Work-and-Travel machen und fahren jetzt mit ihrem kanadischen Campervan durch Mexiko. Anni und Wolfgang aus Österreich sind bereits seit 14 Jahren unterwegs und später treffen auch noch Aleksandra und Marjic aus Polen mit ihrem kleinen Sohn, Jakub, und Alexandras Schwester Veronica ein (zuletzt haben wir sie in Utah, USA getroffen).

 

Seit längerem schon steht bei mir eine neue Brille auf dem Wunschzettel. Hat doch meine jetzige ganz schön unter dem Staub und Sand der letzten Monate gelitten. So ist, nach dem Campingplatz, unser erster Stopp in San Miguel ein Optiker. Und tatsächlich finden wir einen, der innerhalb einer Woche die Gläser bestellen kann und ein neues Gestell ist auch bald ausgesucht.

 

Damit steht fest, dass wir bis Weihnachten hier bleiben werden. Um die Zeit auch sinnvoll zu nutzen, organisiert uns Joachim noch eine Spanischlehrerin, die jeden Tag für uns auf den Campingplatz kommt.

 

Aber auch sonst wäre uns wohl nicht wirklich langweilig geworden. Die Woche vergeht auf jeden Fall wie im Flug. Wir lernen Spanisch, Lukas spendiert unserem Toyo neues Öl und wechselt die Räder durch. Unser Petroleumkocher, der immer ein bisschen Zuwendung braucht, wird zerlegt, gereinigt und läuft jetzt wieder wie neu. Wir schlendern durch den Ort, besuchen den Markt und quatschen mit den anderen Reisenden.

 

Eh man sich versieht ist schon der 24. Dezember. Und wie fast immer an Weihnachten wird es erst mal stressig. Wir fahren morgens zum Einkaufen (natürlich sind wir nicht die Einzigen) und holen meine neue Brille ab (Super! Passt alles und das auch noch viel günstiger als in Deutschland!). Zurück auf dem Campingplatz skypen wir mit unseren Familien und freuen uns über die moderne Technik. So können wir auch in Mexiko mit im heimischen Wohnzimmer sein, Tannenbaum bewundern und Weihnachtsmusik hören.

 

Als wir schweren Herzens auflegen, sind um uns herum schon alle mit kochen beschäftigt. Um 15 Uhr startet die Weihnachts-Potluck-Party, zu der jeder was mitbringen soll und wir haben noch nicht mal angefangen. Aber fast pünktlich machen sich schliesslich alle über das leckere Buffet her. Es gibt frische, holländische Pommes, Reibekuchen mit Apfelmus, Frikadellen und Kartoffelsalat, Gulaschsuppe, Rotebeetesuppe, Cervice, Quesadillas, Guacamole und und und. Als es dunkel wird und die sommerlichen Temperaturen fallen (ja, nachts sind es nur knapp über null Grad, aber immerhin sind wir auf über 1.800 Metern) gibt es ein Lagerfeuer, Glühwein und Live-Gitarrenmusik. Eine wirklich schöne Party, wenn auch nicht wirklich weihnachtlich.

 

Am nächsten Morgen verlassen wir San Miguel de Allende. Da Feiertag ist, ist wenig Verkehr. Trotzdem kommen wir durch die Dörfer und bei den unzähligen Topes nur langsam voran. Unser Ziel ist das Reserva Mariposa Monarca (ein Reservat für Monarchenfalter). Genau genommen gibt es drei Gebiete und wir hatten Koordinaten für den Abzweig zum südlichsten Gebiet. Hier wollten wir bei der Besucherinfo übernachten. Aber irgendwie finden wir den verflixten Abzweig nicht. Und auch die Antwort vom Taxifahrer, den wir fragen, ist uns nicht wirklich eine Hilfe. Also entschließen wir uns kurzerhand 70 Kilometer zurück zu fahren zum bekanntesten Reservat El Rosario, wo es laut unserem Campingführer zwei Campingplätze geben soll. Aber irgendwie finden wir den einen auch nicht und der andere scheint total verlassen. Zumindest macht uns auch keiner das Tor auf. Langsam rennt uns die Zeit davon, denn es ist schon spät und es wird fast dunkel. Die einzige Möglichkeit, die uns noch bleibt, ist die Pemex Tankstelle, an der wir vorhin vorbeigekommen sind. Klar könnten wir hier übernachten, meint der Tankwart. Aber um 22 Uhr macht die Tankstelle zu. Na super! Hatten wir uns doch vorgenommen ab Mexiko nie nachts unterwegs zu sein und nie irgendwo zu übernachten, wo wir uns nicht sicher fühlen. Und jetzt das. Gerade verschwindet die Sonne hinterm Horizont und wir stehen an einer einsamen Tankstelle ohne Sicherheitsdienst, bei der auch bald die Lichter ausgehen.

 

Zum Glück gibt es aber noch Lorenzo. Er arbeitet bei der Spedition, die hinter der Tankstelle ein umzäuntes Gelände hat. Hier dürfen wir übernachten. Als Dankeschön geben wir Lorenzo ein Feierabendbier aus und um 21 Uhr werden wir eingeschlossen. Während Lorenzo sich in einem Zimmer neben dem Tor schlafen legt, haben wir hinterm Zaun und zwischen LKWs eine erstaunlich ruhige Nacht.

 

Am naechsten Morgen ist es eisig kalt, als wir um kurz vor 8 Uhr aufbrechen, um den Arbeitern nicht im Weg zu sein. Der Raureif auf den Wiesen glitzert in der noch tiefstehenden Sonne. Wir fahren zum dritten Monarchenfalter Reservat Sierra Chincua und finden diesmal sofort den Eingang. Führer sind hier Pflicht, um zu den Schmetterlingen zu wandern, aber dafür im Eintrittspreis enthalten. So machen wir uns mit einer sechsköpfigen mexikanischen Familie und unserem Führer auf den Weg. Eigentlich ist es nicht so weit, aber da wir uns auf über 3.200 Metern befinden, bleibt einem schon mal die Luft weg.

 

Als wir ankommen, sind wir allerdings ein wenig enttäuscht. Um nicht aus Versehen auf einen der Schmetterlinge zu treten, sind die Bäume an denen sie hängen abgesperrt. So können wir nur mit gebührendem Abstand die mit Monarchenfaltern schweren Äste und übersäten Baumstämme bestaunen. Und anstatt, dass die Sonne anfängt uns und die Schmetterlinge zu wärmen, verzieht sie sich hinter Wolken. Bei den Temperaturen kann man den Faltern wirklich nicht böse sein, dass sie lieber schlafen. Schließlich haben sie auch einen verdammt langen Weg zurück gelegt, um hier zu überwintern. Genau genommen gut 4.500 Kilometern von den großen Seen in Nordamerika.

 

Die nächste Nacht verbringen wir wieder auf einem schönen Campingplatz, der zwischen hohen Tannen mit Picknicktischen und Feuerstellen schon fast an Kanada erinnert.

 

Auf dem Weg nach San Juan Teotihuacán umfahren wir eine der größten Städte der Welt, Mexiko Stadt, im großen Bogen und besuchen unsere erste Ausgrabungsstätte. Nein, nicht von den Maya und auch nicht von den Azteken. Sondern von den Tolteken, die von 900 bis 1.150 n.Chr., also genau zwischen den beiden anderen großen Kulturen in Tula herrschten. Die Ausgrabungsstätte ist recht überschaubar, aber dafuer sind die 4,5 Meter großen Kriegerstatuen wirklich schön.

 

Nur wenige Kilometer nord-östlich des heutigen Machtzentrums Mexikos, existierte bereits vor gut 2.000 Jahren ein bedeutendes Machtzentrum: Teotihuacán. Auf dem Campingplatz in San Juan Teotihuacán bleiben wir gleich zwei Nächte, um uns die berühmte Ausgrabungsstätte ganz in Ruhe angucken zu können. Wir fahren früh mit dem Taxi los und als wir die Calzada de los Muertos entlang schlendern und die über 200 Stufen zur Pirámide del Sol erklimmen, sind wir noch fast alleine. Wow, wir sind wirklich beeindruckt! Wir genießen den Ausblick über die wunderschöne Pirámide de la Luna und die Überreste einer 125.000 Einwohner großen Stadt. Über uns fliegen Heißluftballons und in der Ferne sehen wir den Smog von Mexiko Stadt. Wir besuchen den Palacio Quetzalpapálotl und bestaunen die Verzierungen an der Ciudadela. Als wir uns nach über fünf Stunden wieder auf den Rückweg machen, wimmelt es von Menschen, die auf dem Weg hinauf auf die Sonnenpyramide wie Ameisen aussehen.

 

Nur gut hundert Kilometer südlich von San Juan Teotihuacán liegt die Stadt Cholula. Auf dem Weg dorthin tauchen immer wieder neben uns der rauchende Vulkan Popocatépetl (5.452 m) und der majestätische Iztaccíhuatl (5.220 m) auf. In selber Cholula gibt es ganze 39 Kirchen. Aber bekannt ist sie eigentlich nur für eine, für die Santuario de Nuestra Señora de los Remedios. Diese prächtige Kirche wurde von den spanischen Eroberern unwissentlich auf die Spitze der größten Pyramide Mexikos, und zugleich der zweitgrößten Pyramide überhaupt, gebaut. Auch heute noch gleicht die Píramide Tepanapa von außen eher einem grossen Erdhügel. Nachdem Kulturprogramm begeben wir uns auf kulinarische Entdeckungstour im kleinen Restaurant Pachamama.

 

Neben Tortillas mit Chilisauce, Avocado und Bohnen gibt es auch Mole, das Nationalgericht Mexikos. Mole ist eine dicke Sauce aus Nüssen, Chilis und Gewürzen. Sie kann süß oder pikant sein, oder beides gleichzeitig. Es gibt viele verschiedene Sorten, aber die bekannteste kommt von hier, aus dem Bundesstaat Puebla. Mit ihrem Anteil an Schokolade schmeckt die mole poblano etwas gewöhnungsbedürftig, aber durchaus lecker.

 

Auf dem Weg nach Catemaco in Vera Cruz, fahren wir am höchsten Berg Mexikos, dem Orizaba (5.610 m) vorbei und verschwinden kurze Zeit später in dichtem Nebel. 2.000 Meter tiefer können wir wieder weiter blicken und sind umgeben von dichter, tropischer Vegetation.


Südliches Mexiko

Vera Cruz und Chiapas

30.12.2012 – 08.01.2013

Lebendiger Urwald, ein alter Mann muss dran glauben, märchenhafte Ruinen und Abenteuer a la Indiana Jones.

Von Cholula im Hochland nach Catemaco im Bundesstaat Vera Cruz sind es ganze 430 Kilometer. Unsere Tagesetappe für heute. Um überhaupt eine realistische Chance zu haben diese Strecke an einem Tag zu schaffen, schliesslich sind wir in Mexiko, entscheiden wir uns einen Großteil über sogenannte Cuotas zu fahren. Das sind die hiesigen Bezahlautobahnen. Schlappe 414 Pesos (ungefähr 24 Euro) müssen wir für gut 300 Kilometer berappen. Ein stolzer Preis, wenn man bedenkt das wir das sonst pro Tag für Essen, Diesel und Übernachtungsplätze ausgeben.

 

Wenn man jetzt denkt so ein Fahrtag wäre langweilig, dann nicht in Mexiko. Cuotas können super ausgebaute Straßen mit glatter Asphaltdecke sein, aber sie können auch gespickt sein mit Schlaglöchern. Dann gibt es Fußgänger und Fahrradfahrer auf der Straße, Bushaltestellen am Straßenrand genauso wie Verkaufsstände für alles Mögliche. Heute waren es hauptsächlich Kaffeebonbons und Kaffeeliquör. Aber das Tollste an Cuotas ist, es gibt hier keine Topes!

 

Für die letzten 130 Kilometer geht es dann wieder über unzählige Topes und durch kleine Dörfer. Es ist schwülheiss und die Vegetation ist richtig tropisch und nicht mehr so karg wie im Hochland. Plötzlich werden wir von einem Seil gestoppt, das über die Strasse gespannt ist. Um uns herum tanzen die Dorfbewohner, alle sind verkleidet, Musik spielt und es wir jede Menge Krach gemacht. Erst nach einer kleinen Spende von einem Peso (0,06 Euro) fürs bevorstehende neue Jahr dürfen wir weiter fahren. Das ganze passiert uns noch drei Mal, bevor wir schliesslich in Catemaco ankommen.

 

Kurz vorm Ziel kommen wir dann noch in einen Stau, da es einen Auffahrunfall gab. So wie die Autos aussehen, eigentlich nichts Wildes. Aber trotzdem wird die Unfallstelle von zehn schwer mit Maschinengewehren bewaffneten Polizisten gesichert. Typisch Mexiko.

 

Ach ja, für die 430 Kilometer brauchen wir am Ende übrigens trotz Cuotas über acht Stunden!

 

Wir verbringen eine Nacht auf einem Campingplatz in der Stadt. Eigentlich eine sehr schöne Anlage, aber nicht mehr wirklich gepflegt. Kein Wunder bei dem Rückgang an Besuchern. Der amerikanische Besitzer erzählt uns, dass noch vor vier Jahren der Platz restlos gefüllt war. In diesem Jahr kann er die Camper an zwei Händen abzählen. Wir sind gerade die einzigen Gäste. Die meisten US-Amerikaner haben Angst vor den Drogenkartellen, die vor einigen Jahren für sehr viel schlechte Presse in den USA gesorgt haben. Dabei war hier in der Gegend im vergangenen Jahr der Diebstahl von fünf Rindern das grösste Verbrechen.

 

Am nächsten Tag fahren wir neun Kilometer weiter zu La Jungla. Einem wunderschönen Platz etwas weiter nördlich an der Laguna Catemaco. Der letzte Kilometer führt uns durch dichten Dschungel. Überall um uns herum zwitschern und pfeifen die Vögel. Einige klingen allerdings eher wie R2D2 oder als würde man vergeblich versuchen einen Radiosender zu finden. Auf einmal haben wir das Gefühl in Jurassic Park zu sein. Die Äste knacken und ein Gebrüll erfüllt den Wald. Irgendetwas bewegt sich nicht gerade leichtfüssig durch die Bäume. Und dann sehen wir sie hoch über uns im Baum. Fünf schwarze Brüllaffen.

 

Es ist Silvester und ausser uns sind noch bestimmt zwanzig Leute da. Alles Familie und Freunde vom Campingplatzbesitzer. Eigentlich wollten wir im kleinen Restaurant hier essen gehen, aber das ist heute geschlossen. Dafür dürfen wir an der Feier teilnehmen und abends mit allen zusammen essen. Es gibt Roastbeef und Schweinebraten, Truthahn und Zwiebelsuppe, Kartoffeln und Salat. Und wir unterhalten uns den ganzen Abend mit den Neffen und Nichten. Dass unser Spanisch nocht nicht so gut ist, macht auch nichts, denn sie haben alle schon in den USA, England, Belgien und Deutschland studiert und gearbeitet. Und so gibt es eine lustige Mischung aus Englisch, Spanisch und Deutsch. Ein super schöner Abend!

 

Schon auf dem Weg hierher haben wir vor vielen Häusern eine lebensgrosse Puppe sitzen sehen. Jetzt wissen wir auch, was es damit auf sich hat. Denn auch hier sitzt die Puppe eines alten Mannes. Allerdings hat um Mitternacht sein letztes Stündlein geschlagen. Gefüllt mit Böllern und Stroh wird er angezündet und geht mit einem riesen Krach in Flammen auf. So wird mit dem alten Jahr abgeschlossen und der Weg für das neue Jahr bereitet. Natürlich in erster Linie, um all das, was im alten Jahr schlecht war, ein für allemal loszuwerden.

 

Den ersten Tag des Jahres verbringen wir mit ausschlafen, faulenzen, lesen und dem beobachten von Vögeln, Echsen und Affen.

 

Von Catemaco fahren wir in einem durch nach Palenque und seit Wochen erleben wir das erste Mal wieder Regen. Und zwar richtigen Regen. Der wunderschön im Regenwald gelegene Mayabell Campingplatz ist eine einzige Schlammschlacht. Und zu allem Überfluss verbringe ich eine Nacht auf dem Klo und den ganzen nächsten Tag im Bett. Aber kann mir mal einer sagen, warum es in Mexiko so selten Klobrillen gibt? Reicht es nicht, dass es hier auf dem Campingplatz keine Türen, sondern nur Vorhänge gibt, die gerade mal zur Hälfte schliessen?

 

Am dritten Tag werden wir wieder vom ohrenbetäubenden Geschrei der Brüllaffen geweckt und machen uns früh auf den Weg zu unseren ersten Mayaruinen. Es hat endlich aufgehört zu regnen und der Regenwald dampft. Das Grün der Blätter wirkt noch intensiver, die Regentropfen glänzen und dichte Nebelschwaden hängen zwischen den Bäumen. Und dazwischen die majestätischen Gebäude der Maya. Wir wandeln vonTempel zu Tempel, erklimmen die abenteuerlichen Stufen und geniessen die Atmosphäre. Wir sind beeindruckt von den umwerfenden Bauten und den schönen Verzierungen. Ach ja, und wir beobachten die Freaks, die noch nicht mitbekommen haben, dass es doch keinen Weltuntergang gab ;-).

 

Am nächsten Tag wollen wir eigentlich nach Agua Azul, einem schäumenden Wasserfall, der in ein türkisfarbenes Becken stürzt, umgeben von tropisch grünem Regenwald. Aber es regnet wieder in Strömen und der Himmel ist grau in grau. Naja, wir sind ja auch im Regenwald, da regnets halt... Also biegen wir spontan nicht rechts, sondern links auf die #307 ab, die uns gerade wegs zur kleinen Stadt Frontera Corozal führt, dem Ausgangspunkt zu der alten Mayastadt Yaxchilán.

 

Auf der drei ein halb stündigen Fahrt werden wir zwei Mal vom Militär gestoppt, müssen 21 streundenden Hunden auf der Strasse ausweichen, haben ein Mädchen am Aussenspiegel hängen, das versucht uns Sachen zu verkaufen, werden von einem Jungen mit der Steinschleuder beschossen und müssen über sage und schreibe 98 Topes rüber. Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass Lukas mittlerweile alleine bei dem Wort „Topes“ Schweissausbrüche bekommt!?

 

Um überhaupt nach Frontera Corozal zu gelangen, müssen wir an der einzigen Zufahrtsstrasse 30 Pesos (1,80 Euro) bezahlen. Warum weiss eigentlich keiner. Wahrscheinlich haben die Einwohner Chiapas den Wegezoll für sich entdeckt. Die Stadt selber liegt direkt am Ufer des Rio Usumacinta, dem Grenzfluss zu Guatemala und der einzige Weg um nach Yaxchilán zu gelangen. Denn Yaxchilán liegt mitten im Urwald am hufeisenförmigen Bogen des Usumacinta. Durch seine Lage hat es den Bewohnern die Kontrolle über den Flusshandel eingebracht. Den Höhepunkt seiner Macht und seines Glanzes erreichte die Stadt zwischen 681 und 800 n.Chr..

 

Wir sind am nächsten Morgen früh auf den Beinen, kaufen unsere Eintrittskarte, schnappen uns eine „Lancha“ und düsen flussabwärts uber den Rio Usumacinta nach Yaxchilán. Gut eine halbe Stunde dauert die Fahrt und wir sind selber überrascht, dass bis jetzt nur ein weiteres Boot am Anleger liegt.

 

Der Regen hat in der Nacht aufgehört, aber der Boden ist noch feucht und glitschig als wir durch den dichten Urwald gehen. Hinter einer Biegung taucht das erste Gebäude vor uns auf, El Laberinto. Von irgendwo her höre ich die Titelmelodie von Indiana Jones (oder ist es doch nur in meinem Ohr) als wir von den dunklen Gängen verschluckt werden. Wir kämpfen uns vorbei an riesigen Spinnen und fiesen Fledermäusen, bevor wir auf der Gran Plaza wieder ans Licht treten.

 

Der Platz ist umgeben von einem Schwitzbad, einem Juego de Pelota (Ballspielplatz), Stelen und Häusern. Über uns in den Bäumen spielen Klammeraffen und wir entdecken die wohl schönsten Vögel des Urwalds. Mit ihrem viel zu grossen Schnabel wirken die Tukane ein wenig unproportional, aber die unglaublichen Farben machen das locker wieder wett.

 

Wir erklimmen die halb verfallenen und dennoch eindrucksvollen Stufen zum Edificio 33, dem am besten erhaltenen Tempel in Yaxchilán. Über einen verschlungenen Pfad geht es tiefer in den Urwald hinein. Wir werden wieder begleitet vom durchdringenden Schrei der Brüllaffen und fühlen uns wie richtige Abenteuerer.

Viel zu schnell müssen wir wieder zurück zu unserer „Lancha“, die uns vorbei an Krokodilen und guatemaltekischen Wäscherinnen nach Frontera Corozal bringt.

 

Bevor es weiter zur Halbinsel Yucatán geht, müssen wir noch einmal vorbei an zwei Miliärkontrollen und über 98 Topes zurück nach Palenque.


Yukatán Halbinsel

Campeche, Quintana Roo und Yucatán

08. – 31.01.2013

Traumhafte Strände, abhängen in der Hängematte, majestätische Mayapyramiden und abtauchen in mystischen Cenotes.

Die Fahrt von Palenque bis an die Karibikküste ist wohl eine der eintönigsten Strecken, die wir bisher in Mexiko gefahren sind. Schnurgerade führt die Straße durch dichtes Gestrüpp. So gut wie keine Ortschaften und Topes zur Ablenkung. Aber damit die Fahrt nicht zu langweilig wird, gibt es ja die mexikanischen Beamten. Und so werden wir in den zwei Tagen fünf Mal kontrolliert. Zwei mal vom Militär, die diesmal sogar mit Taschenlampe unter das Amaturenbrett gucken (da hab noch nicht mal ich einen Blick hingeworfen), dann noch von der Police Federal, der Police Municipal und den Jungs vom Instituto Nacional de Migración (der Einwanderungsbehörde), die unsere Pässe und Touristenkarten kontrollieren (sie haben sich aber mit einer schwarzweis Kopie zufrieden gegeben). Naja, die Grenze zu Guatemala ist ja auch nicht weit.

 

Dafür ist der Übernachtungsplatz auf einer alten Rancho östlich von Escárcega wirklich idylisch. Wir stehen zwischen Bananenstauden und Orangenbäumen, neben unserem Toyo grasen die Pferde und beim Frühstück beobachten wir grüne Papagaien, die schimpfend über uns hinwegfliegen.

 

Als wir an der Laguna Bacalar ankommen ist uns Chaac, der Regengott der Maya, nicht gewogen. Es regnet in Strömen. So ist auch von den sieben Blautönen, für die der See bekannt ist, nicht wirklich was zu sehen. Aber noch haben wir unser eigentliches Ziel, den Karibikstrand auch nicht erreicht. Und so fahren wir am nächsten Tag schon wieder weiter nach Tulum.

 

Als unser Toyo auf dem Parkplatz der El Mariachi Bar weisen Karbiksand im Profil hat und wir unsere Füße in den weichen Sand versenken, kommt die Sonne hervor und lässt das Meer in allen Schattierungen von blau bis türkis leuchten und glitzern. Juhuuuu! Wow, ist das schön! Wir rennen erst mal vor zum Meer und tunken den dicken Zeh ins Wasser. Mmmmh! Herrlich!

 

Der Platz hier zum Campen ist allerdings sehr beengt. Naja gut, irgendwie finden wir schon ein Plätzchen, wo wir gerade stehen. Wenn da nicht dieser alte, deutsche Knacker wäre, der meint uns am laufenden Band gute Ratschläge geben zu müssen. Also hier ist nicht so gut, da aber auch nicht und, naja, also so würde er sich ja nicht hinstellen. Mein Gott, kann der nicht endlich mal die Klappe halten? Würde er sich mit seinem Landy und Wohnwagen nicht so breit machen und den halben Platz in Anspruch nehmen, müssten wir auch nicht so rumrangieren.

 

Der nächste Tag ist wie Urlaub ;-). Nach einem gemütlichen Frühstück schlendern wir die wenigen Meter bis ans Meer, schneeweiser Sand unter unseren Füßen, lassen uns im so unglaublich türkisen Wasser treiben und am Strand brutzeln und weil das so anstrengen ist, geht es danach in die Hängematte. Wir genießen eisgekühlte Magaritas und frische Fajitas und freuen uns des Lebens.

 

Vom Strand aus können wir sogar die ehemalige Maya-Festung von Tulum erkennen. Und genau dahin gehen wir am nächsten Tag. Die Anlage ist nicht besonders groß und leider sind die Bauwerke großräumig abgesperrt, aber die Lage ist einfach einmahlig. Das Castillo und der Templo del Dios del Viento erheben sich majestätisch über dem Karibischen Meer, die Palmen wiegen sich im Wind und weise Sandbuchten quetschen sich zwischen die Felsen. Und das Wetter? Naja, das wechselt fast im Minutentakt von traumhaft zu Weltuntergangsstimmung und zurück.

 

Nach drei Tagen bei der El Mariachi Bar haben wir allerdings keine Lust mehr ständig (vorzugsweise, wenn wir gerade kochen oder essen) von unserem Nachbarn zugetextet zu werden. Also fahren wir einfach ein Stück die Küste rauf ein paar Strände weiter.

 

Und in Xpu-Ha finden wir unseren persönlichen, karibischen Traumstrand. Wir stehen geschützt zwischen Palmen, nur wenige Meter vom weisen, breiten Sandstrand entfernt und treffen nette Leute, wie Sonja, Klaus und Stefan aus Deutschland, die auch schon was länger unterwegs sind. Die Tage vergehen, wärend wir in der Sonne liegen und in der Hängematte lesen, schnorcheln, Fresbee oder Kniffel spielen und abends zusammen grillen. Und so werden aus einem schnell acht. Leider verbringe ich jedoch die ersten zwei Tage mit einer Kolik (ich dachte immer das haben nur Babys und Pferde) in der Hängematte. Aber mal ehrlich, es gibt durchaus schlimmere Orte um sich auszukurieren.

 

Aber da wir ja auch noch was von der Halbinsel Yukatán sehen wollen reißen wir uns schließlich doch noch los. Wir schlendern durch Playa del Carmen, wo wir endlich eine neue kurze Hose für Lukas finden und übernachten in Cancun auf dem wohl schäbigsten mexikanischen Campingplatz überhaupt. Die Waschräume sehen aus, als hätte der letzte Hurrikane auschließlich hier drin gewütet, und die Mosquitos sind mehr als gefräsig. Auch unser nächster Schlafplatz in Píste gehört eindeutig nicht zu den Besten. Wir übernachten auf einem Hotelparkplatz direkt neben der Hauptstraße. Wegen eines 24h-Polizeipostens, die die Straße mit Reifenprofilen gepflastert haben, müssen alle Autos und LKWs die ganze Nacht hindurch abbremsen und geräuschvoll wieder Gasgeben. Aber dafür sind wir am nächsten Morgen früh auf und schaffen es tatsächlich eine halbe Stunde vor der Öffnungszeit vorm Eingang von Chichén Itzá zu stehen.

 

Chichén Itzá ist wohl eine der bedeutensten und bestbesuchtesten Mayastätten. Da hat sich die Regierung von Yukatán gleich mal gedacht, man könnte zusätzlich zu den üblichen 57 Pesos für das INAH (Instituto Nacional de Antropología e Historia) noch mal 125 Pesos Eintritt verlangen. Typisch mexikanisch werden die Tickets an unterschiedlichen Schaltern verkauft und auch von zwei verschiedenen Mitarbeitern am Eingang kontrolliert.

 

Wir bestaunen den perfekten Templo de Kukulcán und wandeln über den größten Juego de Pelota (Ballspielplatz) Mesoamerikas. Gruseln uns an der Plataforma de los Cráneos, auf der die Köpfe von Feinden oder geopferten Gefangenen ausgestellt wurden, und blicken auf zum Chac Mo’ol (einer der Figuren in der charakteristischen halb liegenden Haltung) im Templo de los Guerreros. Als schließlich die unzähligen Tourbusse eintreffen verdrücken wir uns ganz schnell wieder.

 

Die Halbinsel Yucatán besteht fast auschließlich aus Kalkstein. Durch Auflösung des Gesteins haben sich so wundervolle Dinge wie Cenotes gebildet. Höhlen mit unterirdischen Wasserläufen, die zum Teil eingebrochen sind und so Wasserlöcher gebildet haben, die bis zum Grundwasser reichen können. Für die Maya sind, beziehungsweise waren dies Eingänge zur Unterwelt (xibalba) und wurden häufig als religiöse Opferstätten genutzt. Angeblich soll es hier um die 6.000 dieser faszinierenden Formationen geben.

 

Nur 30 Kilometer westlich von Chichén Itzá, im kleinen Örtchen Holca erreichen wir die Centote Chinhuan. Sie befindet sich im Privatbesitz und wir können auf dem kleinen Hof zwischen Gänsen, Enten, Hühnern und Hunden übernachten. Als wir ankommen fängt es an in Strömen zu regnen. Innerhalb von Minuten steht der ganze Hof unter Wasser. Aber was solls. Bei dem Wetter gibt es schließlich nichts besseres als in einer unterirdischen Cenote zu schwimmen. Wir schlüpfen schnell in unsere Badeklamotten und rennen über den Hof. Über Stufen geht es geduckt hinab in die Unterwelt. Wie groß die Höhle wirklich ist können wir nicht erkennen, da nur der vordere Bereich erleuchtet ist. Es hängen Stalaktiten von der Decke, das Wasser ist glasklar und im hinteren Bereich hören wir die Fledermäuse fiepen.

 

Am nächsten morgen werden wir vom Schnattern, Bellen und Krähen geweckt und langsam kämpft sich wieder die Sonne durch. Wir fahren durch kleine Dörfer, in denen mehr Tuctucs als Autos unterwegs sind und landen schließlich in Chunkanán. Auf dem Gelände einer alten Hacienda soll es hier drei der schönsten Cenotes geben.

 

In einem klapprigem Wägelchen auf Schienen werden wir von einem Pferd durch das dichte Grün gezogen, wärend jede Menge Schmetterlinge und Vögel um uns herum flattern. Früher wurden hiermit die Arbeiter und die Ernte transportiert. Wir sind früh dran und so sind wir die einzigen Besucher, als wir die erste Cenote erreichen. Als wir hinabblicken, sind wir sprachlos. Die Höhle ist zu einem drittel offen und so fällt gleisendes Sonnenlicht in das azurblaue Wasser.

 

Die zweite Cenote dagegen könnte nicht unterschiedlicher sein. Durch eine nicht gerade große Öffnung steigen wir über eine Holzleiter steil hinab. Als wir unten ankommen müssen sich unsere Augen erst an die Dunkelheit gewöhnen. Nur durch zwei, drei kleine Durchbrüche in der Decke kommt Licht hinein. Die Bäume lassen ihre langen Wurzeln hinunter hängen. Und das Wasser ist so unglaublich klar, dass wir bis auf den bestimmt 15 Meter tiefen Grund blicken können und ich die Wasseroberfläche erst erkennen, als mein Fuß sie durchbricht.

 

Und auch die dritte Cenote ist, wenn auch nicht ganz so spektakulär wie die anderen beiden, wunderschön.

 

Zurück an der Karibikküste landen wir wieder in Xpu Ha. Sonja und Klaus sind wie erwartet immer noch da und so ist die Freude beim abendlichen Grillen groß. Wir verbringen noch einen Tag faul am Strand bevor wir uns auf den Weg Richtung Grenze begeben.

 

Weit kommen wir allerdings nicht, da wir einem Tipp folgend fünfzehn Kilometer später auf dem gerade eröffneten Campingplatz eines Holländers landen. Der Platz liegt zwar nicht direkt am Meer, aber es gibt diverse Höhlen und eine Cenote zu erkunden. Und wenn man den Strand doch vermißt, ist man in drei Minuten (zumindest mit dem Auto) am Meer. Wir staunen nicht schlecht, als wir hier tatsächlich Stefan wieder treffen, der doch eigentlich schon viel weiter im Süden sein wollte.

 

Kurz bevor wir Chetumal, unseren letzten Stopp in Mexiko (kaum zu glauben, wie schnell die drei Monate hier vergangen sind) erreichen, werden wir tatsächlich von der Polizei angehalten. Angeblich würde unser Bremslicht nicht funktionieren. Vielleicht hat der Polizist aber auch nur einen Grund gesucht uns eine Strafe aufzubrummen. Aber wir erklären ihm ganz freundlich gefühlte fünfzig mal, dass das angeblich nicht funktionierende Bremslicht die Nebelschlussleuchte ist, bis er schließlich aufgibt und wir weiterfahren dürfen.

 

In Chetumal heißt es dann unseren Toyo vom Sand zu befreien (obwohl so ein Sandkasten mit weisem Karibiksand hat ja auch was), Wäsche waschen, einkaufen, Sachen sortieren , bevor es weiter nach Belize geht, unserem ersten Land in Mittelamerika.